"Zur Hölle", Mittelschule Burgebrach, Spielleiterin Sylvelin Leipold
Um aufzurütteln und sich mit sozialem Mut auseinanderzusetzen, hat die Klasse ein modernes Theaterstück auf der Grundlage der Parabel Calderons entwickelt. In dem Stück geht es um einen letzten freien Platz in der Hölle, der vom Teufel höchstpersönlich an den ärgsten Sünder vergeben werden soll. Die Suche nach ihm gestaltet sich als schwierig. Auch ein „guter“ Mensch wird befragt, doch dieser meint, er hätte nie etwas getan - ja, gesehen hätte er viele Übeltaten, sogar vor der eigenen Haustüre - aber getan hätte er absolut nichts. Der Teufel ist fassungslos …
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RezensionEine Stehleiter, eine kleine Anzahl schwarzer würfelförmiger Stapelboxen, ein Besen, ein Aktenkoffer und eine farblich schlicht, aber klar abgestimmte Kostümierung, das benötigt die Klasse M 9 der Mittelschule Burgebrach - 22 Schülerinnen und Schüler unter der Spielleitung von Sylvelin Leipold - um in eindrucksvollen, nachhallenden Bildern die Parabel „Ein guter Mensch am Höllentor“ von Pedro Calderon de la Barca auf die Bühne des großen Saals im Zentrum zu bringen.
Calderon, der große spanische Dichter und Dramatiker des 17. Jahrhunderts, wirkt in dieser Umsetzung aktueller denn je: Um aufzurütteln und sich mit sozialem Mut auseinanderzusetzen, hat die Klasse ein modernes Theaterstück entwickelt. In dem Stück geht es um einen letzten freien Platz in der Hölle, der vom Teufel höchstpersönlich an den ärgsten Sünder vergeben werden soll. Eine aufgestellte Stehleiter, ein Schüler in schwarzer Hose und rotem Sweatshirt achtet auf Sauberkeit der Stehleiter. Aus dem Off erfolgt die Ankündigung, es sei noch ein Platz frei. Nach und nach kommen schwarz gekleidete Schülerinnen und Schüler, einzeln oder in Dreiergruppen auf die Bühne. Es entsteht ein Standbild, die einzelnen Personen agieren minimalistisch miteinander. Dies erzeugt eine ungemeine Spannung: Die Spielerinnen und Spieler treten in unterschiedlichen Tempi auf und verschiedene Ebenen werden klug angeordnet genutzt. Ein grau gekleideter Schüler und eine grau gekleidete Schülerin (Echo) treten auf. Die Gruppe der Schwarzen, die das Bühnenzentrum einnimmt, charakterisiert die Grauen mit wenigen Sätzen. Die Grauen bleiben links außen vor. Aus dem einen rot gekleideten Schüler sind nunmehr drei rotgekleidete geworden, sie schnüren einen Packen aus den schwarz gekleideten. Nach und nach werden diese von den Rotgekleideten gefragt, was sie getan haben. Da jeder etwas auf dem Kerbholz hat, lassen die Rotgekleideten alle Schwarzen gehen. Nun wendet sich der Teufel (die drei Roten) den beiden Grauen zu. Hier lösen sich nun die beiden Grauen voneinander. Ein Befragter gibt Antwort, sein Echo kehrt im Hintergrund, während offengelegt wird, was der Graue alles nicht getan hat: Geschwiegen, als eine Leserin gemobbt wird, nur weil sie liest; ignoriert, als Demokraten vor seiner Haustüre von einem Mob gejagt wurden. Hier gelingt es den Schülerinnen und Schülern sehr berührend und intensiv die Tatenlosigkeit der Grauen herauszuarbeiten. „Das haben Sie mit angesehen- und nichts getan!“, fassungslos ertönt der Ausruf des Teufels. Wahrlich, er habe den letzten Platz in der Hölle verdient. Ab durch das Höllentor mit dem Grauen! Ein Teufel bleibt kurz zurück und beseitigt mit einem Tuch Schmutz am Höllentor. Auch der Teufel liebt es ordentlich! Ein Dankeschön nochmals an die Schülerinnen und Schüler und die Spielleitung für dieses Theatererlebnis! Holger Behr |