"Lost - vom Dunkel ans Licht", Eichendorff-Grundschule Hof (Ofr.), Spielleiterin: Jule Schleiter
„Lost – vom Dunkel ans Licht“ ist der Versuch, den SchülerInnen einen Raum zu geben, von ihrer verlorenen Individualität und ihrer Vereinsamung der vergangenen Monate zu erzählen. Hauptsächlich mit der Sprache ihres Körpers setzen die AkteurInnen sich in verschiedenen Bildern mit der Suche nach sich selbst, ihrem Gegenüber und ihrer eingeschränkten Freiheit durch soziale Kontrolle auseinander. Getrieben von ihrer Sehnsucht nach lebendigen Lebensräumen machen sie sich auf den Weg…
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RezensionZwölf Kinder sitzen regungslos auf einem Hocker, jeweils gekleidet mit einem blauen Mantel und einer FFP2 Maske. Sie blicken die Zuschauenden streng und lange an.
Nun betreten weiß gekleidete Kinder mit einer FFP2 Maske die dunkle Bühne, in ihren Händen halten sie eine Taschenlampe. Ein Kind steht am vorderen Bühnenrad und strahlt mit der Taschenlampe sein Gesicht an. Einige Kinder bewegen sich suchend im Schein ihrer Taschenlampe im Raum, während andere Kinder an der Leinwand im Lichtkegel ihrer Taschenlampe Schattenfiguren mit Händen und Fingern entstehen lassen. Die Schattenspiele lösen sich auf, drei Kinder liegen gekrümmt am Boden, zwei Kinder stehen starr. Im nächsten Moment werden im Raum Masken verstreut, die aus großen Eimern genommen werden. Die am Boden liegenden Kinder beginnen sich zu winden, treten schließlich ins Leere, als könnten sie sich nicht vom Boden fortbewegen, was sie aber mit aller Kraft versuchen. Immer wieder sinken die Kinder zu Boden und finden sich in ihrer Anfangsposition wieder. Ein Kind mit einem Besen betritt die Bühne und kehrt die Masken zusammen. Es scheint aussichtslos, da immer weitere Masken aus großen Eimern im Raum verstreut werden. Elf Kinder formieren sich am hinteren Bühnenrand. Dem Publikum wird der Rücken zugewandt, sie erscheinen kopflos, da der blaue Mantel bis über den Kopf gezogen ist. Sie wenden sich dem Publikum zu, manche haben noch eine Maske auf, die meisten nicht. Langsam gehen sie chorisch sprechend auf das Publikum zu. Sie sagen die Wörter: Abstand, Masken, Pooltest, Homeschooling, PCR-Test, AHA-Regel und Symptome. Am vorderen Bühnenrand angekommen wehren sie mit schützenden Armbewegungen eine scheinbar von links und rechts abwechselnd kommende Gefahr ab, bis sie schließlich den Mantel von ihrem Kopf abnehmen und, sich in einer Reihe stehend, einen Buchstaben auf den Rücken schreiben. Der Zuschauende kann schließlich das Wort ABSTAND lesen. Die Kinder lösen sich aus der Reihe und beginnen zu hüpfen, rufen dabei immer wieder „Abstand, Abstand!“. Erschöpft sinken sie zu Boden, werden noch einmal kurz von einem Geräusch aufgeschreckt. Sie kommen nicht zur Ruhe und treten auf dem Rücken liegend in die Luft. Ein Pulk aus acht Kinder betritt den Raum. Sie werden auf ein Kind mit schwarzem Hut und Scheinwerfer in der Hand aufmerksam. Es scheint, als hätten sie Angst vor dem Kind mit dem Licht. Sie bleiben dicht zusammen und lassen das Licht, das sie bedrohlich umkreist und anspringt, nicht aus den Augen. Ein Kind betritt erneut mit einem Besen den Raum und kehrt die Masken zusammen. Die Kinder beginnen im Raum zu tanzen, sich zu bewegen, zeichnen und formen etwas in die Luft. Die Bewegungen fallen ihnen zunehmend leichter, werden größer. Vereinzelt fliegen noch Masken auf die Bühne. Es kommen weitere Kinder auf die Bühne, sie bewegen sich langsam und lassen durch Klatschen und Pusten immer wieder Staubwolken auf der Bühne entstehen. Sie fassen sich mit ihren Händen in Haare und Gesicht und hinterlassen darauf weiße Staubspuren. Neun Kinder betreten mit einem Hocker den Raum, gekleidet in dem blauen Mantel. Sie bewegen sich wild auf und um ihren Hocker herum. Die Kinder geraten ins Schwitzen, streifen schließlich ihren Mantel ab und werfen ihn schreiend auf den Boden. Das Publikum wird angesprochen: „Du! Du! Auch Du! Fangt wieder an zu Fliegen! Vom Dunkel ins Licht!“ Die Gruppe der Eichendorff- Grundschule Hof unter der Leitung von Jule Schleiter hat ihre Erlebnisse, Gefühle und Erfahrungen während der letzten zwei Jahre Corona-Pandemie aufgegriffen und in starken Bildern erzählt. Die auf eine Art bedrückende Musik begleitete dauerhaft das Geschehen und verstärkte die von den Kindern dargestellte Stimmung der Schwere, Verzweiflung und Erschöpfung, die ihnen die Pandemie auferlegte. Die Leichtigkeit der Bewegungen und wirkungsvolle Körpersprache der Gruppe ließ die Zuschauenden zum Ende hin zum Glück aufatmen und Hoffnung schöpfen. Darauf, dass das Corona-Virus sie und uns in Ruhe lassen wird und wir nicht ängstlich, sondern zuversichtlich in die Zukunft fliegen können. Maike Neidhardt |