„Typ*IsCHe“, Mittelschule „Am Moos“ Neustadt bei Coburg, Spielleiterin: Ilona Hieronymus
„Du kannst nur rosa oder blau sein!“ Ein Klischee oder Realität? In einer selbst entwickelten, interaktiven Game-Show wollen wir gemeinsam mit dir versuchen, eine Antwort darauf zu finden. Wir spielen mit Sprachdefinitionen, werben um ein passendes Lösungsprodukt und rätseln mit vollem Körpereinsatz. Du meinst, dann ist doch alles klar. Doch wie typisch bist du? Diskussion erwünscht!
Eure Moos-GmbH |
RezensionWas für ein Countdown! Eine Theaterrakete wurde gezündet, - und ich nehme das Ende vorweg- sie erreichte ihr Ziel punktgenau.
Zwei Mädchen erklären sachlich mit Unterstützung von Einblendungen auf der Leinwand Regeln für ein Spiel, in das das ganze Publikum einbezogen werden soll. Also was ist typisch männlich (blaue Zettel hochhalten), was ist typisch weiblich (rosa Zettel hochhalten)? Eben mit den typischen Farben zu folgenden Stellungnahmen wurde aufgerufen: Kategorie Farbe: z.B. weiße/lila Farbe Kategorie Spielzeug: z.B. Eisenbahn/Puppen Kategorie Berufe: z.B. Pflege/Computer Kategorie Eigenschaften: z.B. hilfsbereit/aggressiv Kategorie Kleidung: z.B. Röcke/Hosen Das Stück ist dadurch in den ganzen Saal hineingedrungen. Welch schöne, produktive Unruhe! Nun erst treten die Kinder auf die Bühne, alle bis auf einen in schwarzem Outfit. Sie gehen (zu lange) kreuz und quer umher, bis sie durch ein lautes Stopp aus dem Lautsprecher zu plötzlichem Stilltand kommen. Und mit der Einblendung des Stücktitels „typ*IsCHe“ beginnt unter anfänglich flackernden Rot-Blau-Wechsellicht ein Exkurs über geschlechtsspezifische Stereotypen. Auf der Leinwand hat sich nun eine Essenz, um die es im Kern geht, herausgebildet „ICH“. Das Stichwort „Happy flying rainbow“ löst ein geschäftiges Treiben aus, in dem entsprechend farbige Luftschlangen die Bühne, die Körper, aber auch die des Publikums schmücken. Dieses bunte Durcheinander, ein deutliches Farbebekennen zerfasert hier, nicht nur bildlich, bis schließlich ein kurzes Blitzlichtgewitter zu Kehren und Aufräumen animiert. Fragen zur Stellungnahme der Gruppe sind zu lesen und zu hören: Sind in deiner Schule alle gleichberechtigt? Findest du überall auf der Welt herrscht Gleichberechtigung? Gibt es Unterschiede zwischen Jung und Mädchen? Ist es leichter ein Mann oder eine Frau zu sein? Willst du einmal so werden wie Vater oder Mutter? Bist du gern ein Junge oder Mädchen? Immer wieder müssen sich die Kinder auf die Zustimmungs- oder Ablehnungsseite positionieren. Und nun zwangsläufig die nächste und letzte Frage: Kannst du dir vorstellen weder Junge oder Mädchen zu sein? Ein Junge, der mit der farbigen Kleidung, stellt sich auf die Zustimmungsseite und wird natürlich sofort gefragt: Was bist du denn? Lakonische Antwort: Ein Mensch! Jetzt ist die im Countdown gestartete Rakete punktgenau an ihr Ziel gekommen. Ein seltener Moment der bedrückten Stille im Publikum. Und das Licht geht aus. Diese (Gender-)Sternstunde des Schultheaters befasste sich mutig mit einer Problematik unserer Gesellschaft, auch die der Jugendlichen, brachte willkommene produktive Unruhe ins Publikum, Anlass zur Auseinandersetzung mit und Überprüfung von eigenen Positionen, und bereicherte verdienstvoll Seh- und Rezeptionsgewohnheiten im Schultheater. Wolfram Brüninghaus |